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Hotel des Monats April 2014

arrow left Auberge de Temple, Auberge de Temple - Helbigs Gasthaus, Johannesberg, Deutschland arrow right

Chef de Cuisine
Ludger Helbig

Wie spannend, ein Haus wie die Auberge de Temple zu besuchen...

Sot l`y laisse - ein Narr, wer es liegen lässt. Nicht nur das episch definierte Pfaffenschnittchen, sondern auch das gebackene Kalbsbries. Auf Blattspinat mit Krustentierschaum und Perigord Trüffel. In der Gourmetküche Helbigs bekommst du es kredenzt, zart, für den sensiblen Gaumen. Es schmeckt köstlich.

Wie spannend, ein Restaurant wie die Auberge de Temple zu besuchen. Johannesberg muss ein gesegneter Ort sein, schreibt Günther de Temple. Der pittoreske Hintergrund des kulinarischen Tempels ist die Kirche von 1769, St. Johannes der Täufer, etwas gruselig umbenannt in Johannes Enthauptung. Aber der belebende Duft des Neuen liegt über dem Traditionshaus: Zwei Restaurants, das ambitionierte Helbigs, "leicht erhöht im grundsanierten Gebäudekomplex" und das gemütliche Gasthaus, haben im September 2013 ihre schönen Pforten geöffnet. Hoch oben auf dem Johannesberg, im Vorspessart.

Und hier darf sich Ludger Helbig in eigener Regie verwirklichen, den Stern hat er sofort wieder erkocht, ein begabter Souschef war er sowieso unter dem Gewürzpapst Ingo Holland im alten Rentamt in Klingenberg.
Er wechselte mit seiner Frau Nicole, Hotel- und Restaurantleiterin, als ihn Günter de Temple bat, sein aufwändig restauriertes Haus in Johannesberg zu übernehmen. Ein "Geschenk", wie Ludger Helbig schwärmt.

Helbig, 1972 in Lennestadt geboren, ist als Sauerländer kein Schwärmer, niemand, der große Worte braucht, um seine Kochkunst auf einen filigran komponierten Sockel zu stellen. Er beherrscht sein Handwerk von der Pike auf, hat alles gemacht, was zum Beruf gehört, im Hotel Buckmann in Oedingen gelernt, in renommierten Küchen das aufgesogen, was sein Alleinstellungsmerkmal definiert, den "kompromisslosen Feinschliff". Er selbst sagt von sich, dass er eine bodenständige Küche mache. Bodenständig ...? Ja, im ursprünglichen Sinn, denn beste Produkte aus der Region, wenn diese sie hergibt, werden verfeinert durch seine raffinierte Gewürzkultur.

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Zatar mit Olivenöl als Dip, schwarze Knoblauchcreme, fermentiert, zum Steinbutt Filet, wunderbare Salze stehen auf dem Tisch. Garam Masala, Ducca, Zimtrinde und viele andere Gewürze warten unter Verschluss... Wir ahnen es, 1000 und eine Nacht findet im Mund statt. Beim Schaumsüppchen von Le Puy Linsen mit Harissa und Yellow Fin Thunfisch mögen sich alle, - selbst unbelehrbare Linsenhasser - dem unaufdringlich zarten Geschmack hingeben. Taubenbrust lockt mit herrlich gebratenen Kräutersaitlingen, Brokkolistampf, Cashewkernen und flüssiger Polenta. Der Spanferkelrücken mit grünem Spargel, Risotto-Chorizokrokette und Safranhollandaise, ein genussvolles Farbfeuerwerk.

Die junge Vegetarierin delektiert sich am cremigen Landei auf Schwarzwurzelpüree mit Nussbutter, Elstar Apfel und hausgebeiztem Lachs und an den Falafel, mit Avocadocreme, Tomatenbulgur und confierten Kirschtomaten. Ihr Favorit ist die reiche Dessertpalette. Die pflaumengefüllten Schlosserbuben haben es ihr angetan, sie liebäugelt - unerklärlich - mit diesem Beruf. Alles ist fein, was die engagierte 7köpfige Crew auf den Tisch bringt.

Die Küche von Helbig ist eins, eins mit Stern, denn dazu kommt die Auberge, eine wunderbare Herberge. Die Schreiberin möchte einziehen. In eines der 6 komfortablen Zimmer. Jedes nach einem der im Haus vertretenen Künstler benannt, geschmackvoll im Ambiente, die Möbel liebevoll von den Besitzern auf belgischen Antikmärkten ausgesucht, renoviert, singulär betont, nie überladen präsentiert. Die Christophe de Temple Suite, zart bleu, elegant, mit der "höchst gelegenen Sauna des Umkreises" so getoppt, dass sie für den Business Süchtigen eine schnellgreifende Erholung bietet, den Blick mittels eines wunderschönen alten Fernrohres über den Spessarthügel bis in die blauen Konturen des Odenwaldes gezoomt.

Kunst wird im ganzen Haus großgeschrieben: Christoph de Temples bunter Hahn kräht über dem perfekten Frühstücksei, die britische Illustratorin Hatty Peddar mit ihrem französisch anmutenden Strich regt zu visuellen Spaziergängen an, wir lernen den Finnen Juhani Palmu in seinen Schindelarbeiten kennen und die Deutsch-Finnin Anja Wunsch, eine Freundin des Hauses, mit ihren nostalgischen Reminiszenzen. Alle vermitteln ein originäres Spektrum. Die Gasträume haben eine helle Weite, sehr warm durch die wunderschönen Holzböden, alte Eiche. Hier dürfen Sie vom Boden essen - wörtlich genommen: Denn die Tische sind aus dem gleichen Holz geschreinert.

Eine Kochschule mit unterschiedlichen Themenkursen wird im April eröffnet, die Gestaltung der Außenanlage neigt sich ihrem Ende zu, ein Ofen von 1948 darf demnächst zum Schnapsbrennen wiederbelebt werden, Wechselausstellungen sind geplant. Ein Narr, wer diese idyllische Auberge de Temple links liegen lässt, einen "erlesenen Ort, an dem kommuniziert, gespeist, betrachtet und gedacht wird".

Autor: Margret Buchner

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