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Hotel des Monats August 2015

arrow left Favorite Parkhotel, Favorite, Mainz, Deutschland arrow right

 
Hotel: Favorite Parkhotel
Adresse: Karl-Weiser-Str.1, 55131 Mainz
Küche: Innovativ
Chef de Cuisine
Philipp Stein

Es waren heiße Tage. Wie sie sich im Juli gehören. Viel zu heiß schien es, um exquisit essen zu gehen. Wäre da nicht Philipp Stein, ein frisches Mainzer Gewächs...

Philipp Stein, Koch, *1990, ein frisches Mainzer Gewächs, er macht es möglich. Im Gourmetrestaurant FAVORITE. Mit einem Menu, leicht und beschwingt, originell und perfekt.

Wir sitzen auf der Terrasse des 4-Sternehotels, frische Brise vom Rhein, ein Luxusdampfer kreuzt, Schleppschiffe entschleunigen wie in alten Zeiten, im parallelen Gleisnetz sausen ICEs... Das familiengeführte Tagungshotel im idyllischen Stadtpark mit 144 Zimmern und Suiten hätte keinen schöneren Platz finden können. Es ist ein idealer Ausgangspunkt für alle Unternehmungen in Rheinland- Pfalz, über die Rheinbrücke erreicht man Wiesbaden, der Flughafen Frankfurt 25 km nahe, der weinselige Rheingau sowieso. Und wir warten voller Vorfreude in einem vertraut-heiteren Gespräch auf alles, was da kommen wird.
Philipp Stein will nur eines: kochen. Seit jeher. Seine Mutter beharrt drauf, dass Philipps erstes Wort Koch war. Es liegt ihm im Blut, stolz, dass er die 6. Gastro-Generation verkörpert, der Vater ist Vorbild, er betreibt mit großem Erfolg "Steins Traube" in Mainz. Das Spielzimmer seiner Kindheit (mit drei Schwestern) liegt direkt neben der Küche, als er größer wird, wechselt er gleich an den Herd. Von früh auf treibt ihn Spiel und große Lust an der Arbeit an. Der Vater lässt ihn außer Haus lernen, im Atriumhotel/ Mainz. Steins Lust wächst in jeder Arbeitsstelle, in der Maus im Mollers, in der Ente in Wiesbaden.
Die wird nicht mal vertrieben durch Strapazen, die er beim Aufbau der italienischen Küche "Serenissima" erlebt, auf der MS Europa II. Vier Wochen von Grund auf alles herstellen, was eine Gourmetküche an Basisprodukten braucht! Schiffskoch zu sein ist eine verdammt gute Lehrzeit. Insgesamt kocht er 1 ½ Jahre auf Schiffen, unter anderem bei Dieter Müller, seinem 2. großen Vorbild.

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Nach Thieltges im Waldhotel Sonnora  kehrt er 2014 in seine Heimatstadt zurück und übernimmt das Gourmetrestaurant im FAVORITE. Und bestätigt im ersten Jahr den Stern von Tim Meierhans. Mit 25 Jahren der jüngste Sternekoch. Ein sympathisch geerdeter Mann.
Er favorisiert die klassische modern interpretierte Küche. Alles ist möglich, alles ist erlaubt, wenn es dem Gast gefällt und schmeckt. Der wird nicht überfordert durch exzentrische Innovationen. Unser kulinarischer Sommerreigen startet behutsam mit einem amuse von Kaninchenessenz, Fischpraline, Sashimi vom Yellow Tunfisch. Ein leichtes Entree, mit Koriander gewürzt anregend. Köstliches Brot zur Brioche getürmt. Auch der nächste Teller mit Kresseschaum, Topinambur, pochiertem Ei umschmeichelt (apart wie eine verspielte Klimt-Miniatur) die erwachenden Geschmacksnerven. Danach Sommer pur in der Ochsenherztomate mit Burrata. Aber dann! Ein Carpaccio vom Carabinero, der Mutter aller Gambas.
Großes Entzücken auch beim bedächtigeren Begleiter, der „herausragender Gang“ murmelt und damit schon mal den 2. Stern aus der Schatulle holt. Mit Avocado, Granatapfelvinaigrette, gebackenem Sot-l’y-laisse und Limonenkresse auf Stäben zu einem auf den Kopf gestellten V geformt. Es schmeckt so köstlich abgerundet, perfekt in der Komposition, dass die Frage nach dem WARUM so gut? das legitime Geheimnis  der Meisterschaft bleibt. Ein Narr, der das liegen ließe.
Die Ziffer drei scheint eine Variable zu sein: Philipp Stein zählt anders. Das dreigängige Sommermenü dehnt sich unmerklich aus, ohne den Magen zu belasten. Mit dem Eismeersaibling, auf den Punkt gegart, lardo di Colonnata, marinierte Salatherzen in einer Kopfsalatsauce, Perlgraupen. Mein Tischnachbar skandiert versonnen, der kann wirklich kochen, wer weiß, wo das hinführt… Zum nächsten Gang. Die Choreografie lässt ein Tischlein-deck –dich auffahren, und der Meister beginnt mit fragiler Präzision an einem Flanksteak vom US Beef zu arbeiten, glasiert es mit Piment und Honig, karamellisiert mit einem Bunsenbrenner, tranchiert es für uns zwei Esser in feine Scheiben, der Geschmack ist saftig und würzig. Barbecue im Sternerestaurant nimmt Schwellenangst.
Wieder einmal erfahre ich, warum der Service „Viel Vergnügen“ wünscht. Das haben wir im Rahmen des Steinschen Konzeptes, ganz ohne Tamtam einer begleitenden Show. Der leichte Riesling aus den hauseigenen Weinbergen des Hofguts Laubenheimer Höhe rundet ab. Der Service ist reizend, fachkundig und sehr persönlich, - auch das führt zum Abbau von Schwellenangst vor Gourmetrestaurants. Im beschwingten Sommerreigen steigt das Dessert in köstlich schmelzende Höhen: Pfirsichvariationen, aromatisch parfümiert mit Lillet, weißer Schokolade und grünem Shiso, ein Hauch Pistazien. Ein „pänultimativer“ Schlussakkord. Denn zuallerletzt wird ein praliniertes Sommerbeet zum Kaffee serviert. Wow.

Das Leben kann so schön sein. Es ist seltsam, der Tag hat an lähmender Hitze verloren und an Wärme gewonnen. Philipp Stein machte es möglich. Im Gourmetrestaurant Favorite.

Autor: Margarete Buchner

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