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Restaurant des Monats Juni 2015

arrow left Eisvogel, Der Birkenhof, Neunburg vorm Wald, Deutschland arrow right

 
Hotel: Der Birkenhof
Adresse: Hofenstetten 55, 92431 Neunburg vorm Wald
Küche: Moderne Klassik
Telefon: +49 (9439) 9500
FAX: +49 (9439) 950150

Obendorfers Eisvogel entwirft, gleichgestellt dem Vogel, auf seinen Tellern die farbigste Vielfalt, die kochtechnisch möglich ist.

Der zoologische Eisvogel (alcedo atthis), Obendorfers Signet für sein Gourmetrestaurant, wechselt auf seiner Oberseite je nach Lichteinfall von Kobaltblau nach Türkis, unten rostfarben, hat kleine korallenrote Füße. Wikipedia malt ihn üppig aus.
Und Obendorfers Eisvogel entwirft gleichgestellt auf seinen Tellern die farbigste Vielfalt, die kochtechnisch möglich ist.
Weil man das Bild beim Essen leider zerstören muss, möchte man fast wie der Vogel die Beute in einem Stück schlucken. Die ganze Fülle optisch und kulinarisch als Gesamtkunstwerk festhalten.
Hubert Obendorfer, Jahrgang 1965, in Schwandorf geboren, ist ein Perfektionist, ein Phantast mit Bodenhaftung. Als Hotelbetriebswirt und Küchenchef hat er alles gelernt, was zum Führen seines großen Hotels Birkenhof (Besitzer seit 1996, 87 Zimmer, inkl. Suiten) und zum Erreichen der höheren Weihen im Gourmetbereich gehört. Leicht hat er es sich nicht gemacht, die Familie schiebt entscheidend mit an, denn hinter einem erfolgreichen Mann steht… Claudia Obendorfer, die beiden Söhne folgen in der Spur, Bastian als Koch, Lukas Hotelfachmann, beide machen gerade ihren Betriebswirt. Mutter Obendorfer begrüßt morgens die Gäste. Ein liebenswertes Ritual. 2008 wurde der Eisvogel mit dem Michelinstern gekrönt, und die Gourmet Residenz ist 2014 mit dem L`Art de Vivre geadelt worden.
Obendorfer gibt nie auf, ist nie zufrieden mit dem Erreichten. Mit jedem Gericht springt er ein kleines bisschen höher. Die Amuse rütteln wach: Gänseleber auf Brioche, Bärlauch mit pochiertem Wachtelei, Thunfischtatar, gepoppter Reis. Ausgezeichnet die selbstgebackenen Brotsorten. Das stilisierte Frühlingsbeet in einer Gemüsekiste, im Deckel spiegeln sich die Dips wie einst der Göttersohn Narziss im Wasser. Wo er sie nur her hat, der Obendorfer, seine originellen Gerätschaften! Die Entrees wollen mit den Augen verschlungen werden. Sein Konzept überschreitet geschickt die in der ambitionierten Küche gängigen Grenzen: „Heimat“, 80-90% der Produkte kommen aus dem Umland, andererseits fängt der Blick über den heimischen Tellerrand die „Weite Welt“ ein, ausgewählte Erzeugnisse, meisterhaft verarbeitet. Tierfreundlich verweigert Obendorfer die üblichen Verdächtigen wie Gänsestopfleber und Hummer. Wir hatten das Glück, uns in beiden Terrains zu tummeln. Die Hauptdarsteller, die Produkte, stehen im Mittelpunkt, die Begleiter unterwerfen sich selbstbewusst. 

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Es ist wie im Schlaraffenland. Hier den wunderbaren bayrischen Huchen kosten, Fisch des Jahres 2015, da den Wolfsbarsch, gewürfelt neben seiner fruchtigen Frühlingspracht. Neugierig auf das Oberpfälzer Dry Aged Rind, das sich als Tatar in einen knusprigen Teigwall bettet, mit Spargel und Sauerampfercreme oder favorisiere ich die Wildfanggarnele mit Karottenjus, Papaya und Blumenkohl? Kräftig- fleischige Textur, Kontrast zum süß-pikanten Karottenjus, Papaya, Blumenkohl.
Ein optischer Wow-Effekt, als ein witziger Taschengrill aufgefahren wird, der ein Filet vom Schwarzachtaler Stör bereit hält mit der angenehm scharfen Feuerkartoffel und Bärlauch-Spinatcreme. Überhaupt die leckeren Cremes, Pasten und Sößchen, Obendorfer verrät stolz, er hört Saucen kochen, die Frühlingsfarbe Grün dominiert. Stopp, der Raviolohut, der den Petersfisch verbirgt auf Tamarillomus mit Spargel und Roquefortespuma kleckst in kräftigem Rot. Der aufmerksame Restaurantleiter und Sommelier Holger Steck fragt, ob wir noch können. Noch  k ö n n e n …? etwas vorlaut stöhne ich, ich kann schon lang nicht mehr, aber ich darf. Ich genieße einen frischen Sauvignon von Waßmer. Ein überaus engagiertes Team, selbst der Meister serviert vergnügt einzelne Gänge. Entspannt sitzen wir im Restaurant. Bequeme Sessel, elegant dezente Naturfarben, ein begehbarer Raumteiler und Weinklimaschrank aus Kirschholzlamellen mit zwei verschiedenen Temperaturbereichen ist der Eyecatcher, darüber das originelle Deckenelement, ein Entwurf des Hausherrn, variabel in den Farben. Der Blick träumt über die Oberpfälzer Seenlandschaft, kleine Pausen müssen sein. Obwohl Hubert Obendorfer niemand überfordern will. Manchmal träumt er sein Menü für die saisonbedingte Karte: Hast du schon Erbsen genommen? fragt mantramäßig sein unterbewusstes Planungskomitee. Sie ist ihm wichtig, die Königin der Hülsenfrüchte. Und wie aus Omas Garten schmeckt der Erbseneierstich unter den Morcheln, dekorativ aufgetürmt. Meine junge Begleiterin nennt das Poltinger Lamm spontan als erstes, als ich sie nach ihrem Gaumenhighlight frage. Sie genießt nach Jahren der Fleischabstinenz das wunderbar zarte Fleisch, auch weil sie weiß, dass es dem Tier zu Lebzeiten optimal ging. Ich bin neugierig auf das Filet vom Drachenkopf. So furchterregend der Fisch in der Natur aussieht, so zart schmeckt er zum kernigen Bärlauchrisotto mit Ratatouille.
In dieser kreativen und opulenten Prozession darf das Dessert nicht fehlen. Für viele Gäste der Höhepunkt, die vorlaufenden Protagonisten schüren die Erwartung auf einen ganz neuen Darsteller. Ich selbst halte mich zurück, schwelge visuell und lasse meine Mitesser schwärmen, nonverbal durch verzückte Blicke, einsilbig durch lustvolles Seufzen bei den verschiedenen Kombinationen, in denen der Rhabarber mit Quark und Sorbets von Pfefferminze überwältigt wird oder Tahiti Vanille im Duett mit Passionsfrucht flirtet. Ein Lob dem Chefpatissier Florian Braun, kein Zufall in Obendorfers 19köpfigen Team, er macht selbst begeistert Patisserie.
Diesen Rundlauf durch die Stationen der klassischen Gourmetküche darf man sehr bequem in den neuen Hotelzimmern ausklingen lassen. Und am nächsten Morgen zur Nachbereitung das Schwimmbad und den Whirlpool aufsuchen. Wenn möglich draußen mit Blick in die sanft hügelige Landschaft. Nicht nur Obendorfers Eisvogel in seinem feinschmeckerischen Reichtum lockt, auch das Landhotel Birkenhof mit seinem großartigen Wellness-Bereich ist eine Reise wert und verdient eine eigene Würdigung. Wir kommen gerne wieder.

Autor: Margarete Buchner

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