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Jens Rittmeyer: "Regional ist total ausgelutscht"

Seit zwei Jahren arbeitet Jens Rittmeyer im Navigare NSB Hotel in Buxtehude. Dort ist er für das Seabreeze und das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete N°4 verantwortlich. In unserer Deutschland-Rangliste ist er inzwischen in die Top100 vorgerückt. Der 1975 in Halle an der Saale geborene Rittmeyer hat sich schon auf Sylt im Kai3 dem Gedanken der nordischen Küche verschrieben. Er verwendet vornehmlich regionale Zutaten und verbindet diese mit seinen süffigen, klassisch gekochten Saucen. Über seine Arbeit in Buxtehude haben wir mit ihm bei einem Besuch im N°4 gesprochen.

Wunschtraum: Ein Menü aus dem Alten Land für das Alte Land

Jens Rittmeyers verfolgt im N°4 das Ziel, ein Menü aus dem Alten Land für das Alte Land zu kochen. Das sei aber noch ein "Wunschtraum" und eine "Riesenherausforderung", sagte er im Interview mit Restaurant-Ranglsiten.de. Die Region vor den Toren Hamburgs ist bislang vor allem für den Anbau von Äpfeln und Kirschen bekannt. Jens Rittmeyer ist jedoch der Meinung, dass sie kulinarisch wesentlich mehr zu bieten hat: "Die Produkte geben es her", sagt er. Zusammen mit anderen Kollegen wolle er das Alte Land schrittweise zu einer Genussregion entwickeln. Langsam öffneten sich dem auch Produzenten und es komme zu mehr Zusammenarbeit und Austausch.

Dieses Ziel bedeutet für Jens Rittmeyer auch, dass er künftig noch produktfokussierter Kochen möchte. Das Schlagwort Regionalität führt er dabei aber nicht im Mund. Das Wort sei "ausgelutscht" und werde von den Gästen erwartet. "'From Farm to plate' ist das, wonach die Leute suchen. Ich glaube nicht, dass sich japanisierte Küche auf Dauer durchsetzen wird", erwartet der Sternekoch. Das Konzept "From Farm to plate" hat er im vergangenen Jahr erstmals bei einer Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit dem Biohof Ottilie erprobt. Dabei hat er auf dem Bauernhof ein Menü zubereitet, für das er teilweise noch am Morgen geerntet hat. Auch in diesem Jahr wird es das Sommermenü an insgesamt zwölf Abenden im Juli und August wieder geben. (Zu den Terminen).

Signature Dish "Brot und Sauce"

Ein Gang, der aus einer Scheibe Brot und drei Saucen besteht, hat sich in den zwei Jahren, die Jens Rittmeyer inzwischen im N°4 arbeitet, zu seinem Signature Dish entwickelt. "Das ist Soul-Food", sagt Rittmeyer, der sich  als Verfechter der klassischen Saucen versteht. "Dashi kann ich nicht mehr lesen auf den Speisekarten", sagt Jens Rittmeyer. Es sei auch möglich leichte Saucen klassisch zuzubereiten. Aus seiner Sicht ist Dashi so beliebt bei den Köchen, weil es sich deutlich schneller als eine klassische Sauce zubereiten lässt. Er betreibe diesen Aufwand unverändert in seiner Küche und spiele diesen USP in seinen Menüs aus, betont er. Inzwischen verkauft der die Original-Saucen im Glas im Restaurant und auch über das Internet. Bislang werde von ihm alles in der Restaurant-Küche selbst gekocht, abgefüllt und etikettiert. Die Produktion einzelner Saucen dauere bis zu viereinhalb Tage. Mit dem Aufwand rechtfertigt Jens Rittmeyer auch den Preis, den er als "scharf kalkuliert" bezeichnet. Auch in Zukunft soll es bei einer Manufakturproduktion bleiben. Für den Sternekoch ist es ein Ziel, wie er sagt, vielleicht in einigen Jahren von dem Verkauf seiner Saucen leben zu können.

Ein aktueller Gourmet-Bericht aus dem N°4 in Buxtehude

Restaurant N° 4, Buxtehude

"Derzeit sind die Saucen das bestimmende Rückgrat der Küche von Jens Rittmeyer. Regionale Produkte sind vielfältig ins Menü eingebaut, aber nicht der durchgängig bestimmende Faktor. Sein Ziel ist es, die Regionalität noch zu verstärken. Das würde den Geschmack der Gerichte sicher noch unverwechselbarer machen, wie der Gang mit der Sonnenblumenwurzel bereits zeigt. Jens Rittmeyer beweist, dass süffige Gerichte nicht der klassisch französischen Küche vorbehalten sein müssen, sondern die vermeintliche Nova Regio-Küche zugänglicher und auch spannender machen kann. Sommelier Adrian Imm macht einen guten Job. Die Weinbegleitung ist stimmig und eine gute Mischung aus bekannten und unbekanntem. Insgesamt ist das No.4 auf einem guten Weg. Jens Rittmeyer hat einen klaren Fokus, den er noch weiter ausarbeiten will und sollte. Wenn er die richtigen Produzenten dafür gefunden hat, wird es sicher noch spannender im No.4 zu essen. Jetzt dürften sich vor allem die Fans guter Saucen und süffiger Gerichte optimal abgeholt fühlen." (Mai 2019)

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