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Restaurant des Monats Oktober 2016

arrow left Alois, München, Deutschland arrow right

Das Dallmayr steht schon über 3oo Jahre, ein Delikatessen Flaggschiff, ein Schlaraffenland, in dem die Wände voller Würste und Schinken hängen, die Früchte in den Mund wachsen, Flusskrebse im Puttenbrunnen schwimmen, adrette Verkäuferinnen den weltbekannten Kaffee auf der Handwaage wiegen.

Endlich München, endlich eine Laudatio vor der Haustüre. Es ist wie mit Museen in der eigenen Stadt, die laufen nicht weg. Das Dallmayr steht schon über 3oo Jahre, ein Delikatessen Flaggschiff, ein Schlaraffenland, in dem die Wände voller Würste und Schinken hängen, die Früchte in den Mund wachsen, Flusskrebse im Puttenbrunnen schwimmen, adrette Verkäuferinnen den weltbekannten Kaffee auf der Handwaage wiegen. Tausende schlendern Tag für Tag durch die schönen Räume. Ein Gesamtkonzept für erfüllbare Wünsche. Wir haben es noch exklusiver getroffen. Wir dinieren im Restaurant. Fein und überaus vergnüglich.

10 Jahre gibt es den Dallmayr im ersten Stock als Abendrestaurant. 10 Jahre wie im Flug unter dem Segel von Diethard Urbansky,*1958 in Olsberg. Seit seinen Anfängen in Brilon durchlief er die herausragenden Stationen, die in seiner Branche für angewandtes Lehrbuch stehen. Dieser angenehm zurückhaltende Koch springt einen Spagat mit seinem jungen hoch motivierten Team unter Souschef Christoph Kunz. Zwei Sterne wurden in kurzer Zeit erkocht. Keiner ruht sich darauf aus, sie springen weiter und zeigen ihr Können. Zum Jubiläum werden Urbansky's 10 aus 10 serviert, für jedes Jahr steht ein Gang. Das spezielle Menü gibt es ausschließlich in dem Zeitraum vom  11.10. bis 23.12.2016.

Eine witzig - kulinarische Retrospektive aus den vergangenen Jahren, leicht relaunched, soll offeriert werden, Urbanskys Menü 10 aus 10: Von der geeisten Ochsenschwanzessenz über Schweinekinn; Aal in Aal; Rotbarbe mit knusprigen Schuppen (proteinhaltig wie alle tierischen Häute, Sehnen und Knorpel); Herz und Bries vom Kalb; Hirschrücken, und zuletzt gleitet der Schneckengang zu herrlichen Desserts.

Unser Abend im eleganten Dallmayr Restaurant - die holzgetäfelten Wände mit mongolischem Rosshaar bespannt, ausgewählte Accessoires, Nymphenburger Porzellanvasen, - im Herzen der schönen verwöhnten Stadt, unweit die Türme der Frauenkirche, beginnt ausnehmend herzlich. Restaurantleiterin Barbara Englbrecht und ihr Team reiten im Service Hohe Schule, Freundlichkeit als Lebensmotto, die fliegenden Wechsel in Auftreten und Sprache unangestrengt und leicht.

Als hübscher dramaturgischer Effekt eine versiegelte Depesche: unser Menüprogramm, das sich gleich mit einem winzigen amuse bouche aus Wassermelone und Ente einschmeichelt, abgelöst vom Skyr (würziges isländisches Joghurt) und der wilden Moltebeere in Met, so zart, so bräutlich weiß, so gut, und damit wir die Leistungsschau der Köche geschmacksnah begreifen, grüßen sie vegan-grün mit exzellentem Tofu, Gurke, Ingwer, grünem Apfel. Die Klassische Moderne des „Aromen-Flüsterers“ Urbansky verwandelt selbst manche ursprüngliche Abneigung wie Säure in lebendige Gaumensprengsel. Sorgen werden kurzfristig ausgelagert. Wir freuen uns auf den gesamten Kanon. 

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Fotos © Dallmayr

Sommelier Julien Morlat begleitet uns weinmäßig, er deutet treffsicher meine diffusen Wünsche. Vom Champagner Dallmayr Rosé über den Cour-Cheverny Plénitude aus dem Loiretal bis zur Zeltinger Sonnenuhr von Molitor - perfekt. Die Gradeinheit der Sonnenuhr muss in Engelstropfen gemessen sein. Wie es die Winzer von Molitor nur schaffen, einen Riesling völlig ohne Säure auszubauen… Mein motorisierter Begleiter ist glücklich mit seinen individuell gemixten Getränken.

Keine Pause, es geht weiter mit Schweinekinn aus dem green egg, Bananenperlen und golden gepopptem Reis. Der Hauch von Süße zum leicht knusprigen mir unbekannten Teil vom Schwein ist raffiniert. Ein Kontrast nach dem deftigen Fleisch sind feine bretonische Muscheln mit Olivenölgnocchi. Eine deliziöse Sommerreminiszenz. Weniger ist mehr, nichts dient nur der Dekoration, alles dem Geschmack, keine Effekthascherei, so vertritt Urbansky sein Handwerk und adelt es auf dieser Basis zum unverstellten Kunstwerk. Wie den gelungenen Rochenteller mit Poverade, Kopfsalat und Basilikumsaat. Und mein Kalbsbries in köstlichem Geflügeljus, Walnuss und Holunder, das ich als überraschende Petitesse zum Hauptgang Nebraska- Rind meines Begleiters bekomme. Hier ist der Sternekoch „Gästeflüsterer“, denn er muss meine Leidenschaft erraten haben.

Einen unfassbar delikaten Transit zum Dessert begeht die Küche mit ihrer Kartoffel. Zugegeben angereichert mit Speck und Vanille. Aber wie und in wie vielen frickeligen Schritten dieses wunderbar einmalige Predessert hergestellt wird, das im Mund zu einem grandiosen flashmob aufläuft, obwohl die Produktsingles allein schon gut sind, das sollte das Geheimnis von Urbansky und seiner Crew bleiben. Oder das von Chefpatissier Eugen Stichling, der nach der Urbansky - adäquaten Maxime seine Desserts zaubert: Die Vielfalt der Produkte und ihre Strukturen zum Höhepunkt des Geschmackes zu bringen. Im Gaumendefilee des Menüs der festliche Höhepunkt. Nur in ambitionierten Küchen anzutreffen. Für mich ein eigenständiges Kapitel in der haute cuisine. Mit dem dankbaren Gefühl eines runden stimmigen wunderbaren Abends verlassen wir das Dallmayr. Meine offene Depesche bekennt: Das Dallmayr ist großartig. Von großer Art. Mit viel Gespür für das Besondere. Und dem sanften Funkeln eines irgendwann heraufziehenden dritten Sternes. 

Autor: Margret Buchner

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