Restaurant des Monats April 2017
Ente, Nassauer Hof, Wiesbaden, Deutschland
Dass es in Aquis Mattiacis schön ist, wussten schon die Römer. Um 830 wird die Stadt am Südfuß des Taunus mit dem heilenden Wasser der Mineral- und Thermalquellen erwähnt.
Es passt alles zusammen. Ort, Jahreszeit und Genuss.
Der kulinarische Ausflug nach Wiesbaden, der hessischen Landeshauptstadt am Rhein. Dass es in Aquis Mattiacis schön ist, wussten schon die Römer. Um 830 wird die Stadt am Südfuß des Taunus mit dem heilenden Wasser der Mineral- und Thermalquellen erwähnt. Zufall, dass ich sie am Weltwassertag besuche, Zufall, dass Michael Kammermeier, Küchenchef und Marcella Pickelein, Sommeliere und Restaurantleiterin heute an einer Blind-Verkostung der Leitungswässer teilnehmen? Wer weiß…
Jedenfalls durchaus beabsichtigt, dass ich den Nassauer Hof aufsuche und das Gourmetrestaurant Ente. Frühlingsanfang, die japanischen Kirschbäume am Platz mit dem Denkmal des streng dreinschauenden, aber recht liberalen Kaisers Friedrich II. - sein Sohn Wilhelm II. nächtigte mehrmals im Hotel - zeigen vorwitzig ihre rosa Blütenblätter, der freundliche Portier Herr Sako, seit über 24 Jahren Im Amt, schleppt meinen Koffer ins Vestibül.
Dieser schöne, weltläufige Hotelklassiker, ein wilhelminischer Prachtbau, über 200 Jahre alt, wirkt erstaunlich frisch. Schnell ist mein Befremden vor so viel Vornehmheit verflogen. Hier werden alle freundlich empfangen, die mit mir einlaufende junge DFB Fussballmannschaft wie die Schreiberin selbst. Alle 159 Zimmer und Suiten sind stilvoll klassisch, luxuriös in der Ausstattung, angenehm in der Farbe, sie drängen sich nicht auf, stille Größe, fällt mir ein. Oben im 5. Stock wölbt sich ein heller Spa-Himmel - einmalig der Blick über die Stadt, der 70 m² große Pool lädt ein, gespeist aus der hauseigenen Therme. Es passt alles zusammen. Der Dalai Lama, der 2015 hier war, wird die üblichen wellnessreligiösen Buddhas verschmerzt haben wie ich. Die Belegschaft um die neuen Gastgeber Julia und Constantin von Deines sorgt engagiert für frischen Wind. Und der weht vornehmlich in der Küche der Ente, die noch ein Bistro bespielt.
Obwohl Michael Kammermeier bereits seit 2002 in der Ente kocht, diesem weltbekannten Restaurant seit 1979, wo die Gäste eigens wegen der leckeren Vögel kommen. Damals begann Wodarz mit Eventgastronomie. Seit 2006 arbeitet Kammermeier als Küchenchef und verteidigt jedes Jahr seinen Stern. Nicht nur wegen der klassischen Ente, die am Tisch tranchiert wird, nicht nur wegen der breiten Entenpalette, rauf und runter. Er wird gemessen an seiner gesamten Küchenkunst. Michael Kammermeier, Mitglied bei Jeunes Restaurateurs, geb. 1978 in Wörishofen, Vater Metzger, macht irgendwie immer die Grätsche. Nach der handwerklich soliden Lehre geht er zu Heinz Winkler nach Aschau, der ist genial und penibel, danach zu Stefan Marquard, unkonventionell und wild. Dessen Bart hat er mitgenommen, und die beiden Pole vertritt er lässig. Großzügig spannt er den Bogen zwischen regionalen und internationalen Produkten, die Enten bezieht er küchenfertig aus Frankreich. Respektvoll beweist er, dass Kochen Teamsport ist: Seine 7 Köche probieren sich namentlich bis in die hochnoble Speisekarte aus. Wie die Jungspieler im Haus die Gäste der Zukunft sind, so sind die jungen Köche Meister der Zukunft.
Alles ist rund im Restaurant mit der Empore, die Kuppel ziert ein zart ausgemalter Ententeich. Selbstverständlich, verspricht Marcella Pickelein, bekomme ich kleine Portionen, selbstverständlich quer durch die Karte. Mit dem Champagner von Alfred Gratien begrüße ich mein Mahl. Das Maissüppchen mit Kokosnussschaum, der kleine Löffel mit gebeiztem Lachs, knuspriges Ochsenragout und die Entenleberpraline mit Rotwein aufgeschlagen, ein köstlicher Start. Die Spätlese des Riesling von Robert Weil leitet sanft in den ersten Entengang: Gehobelte Entenleber, gebettet auf rotem Rhabarbergelee, grünem Rhabarber als Kontrast, dazu Salzbutterbrioche. Ein luftig-duftiger Gang, zum Hineinknien. Marinierte schottische Jakobsmuschel. Als Carpaccio auf einem Spiegel Weizengrasöl. Kleine Tupfer Avocado mit Creme fraiche, Perlen von Imperial Kaviar, hauchdünne Kartoffelchips, Knusperweizen. Crunchige Akzente im schlonzig- geilen Gang. Dazu einen Amontillado von Lustau.
Die nächste Ente folgt: Pho Gras Gri Soß. Es grünt so grün auf der asiatischen Enten- Consommé mit butterweicher Leberscheibe. Der würzige Sud wird am Tisch angegossen. Dekonstruiert die Kräuter der hessischen Frühlingsspeise, die sich phonetisch reizvoll und haptisch köstlich präsentieren. Marcella Pickelein empfiehlt einen „Hauswein“ vom Neroberg.
Die Buntheit des Könnens zeigt sich im nächsten Gang: Kalbsbries in Lauchasche. Mit knackigem Rettichgemüse, Radieschen, Senfkörnersauce. Für mich eine ungewöhnliche Komposition, leicht rauchig, apart aschig, schmeckt ausgezeichnet. Es passt auch hier alles zusammen. Nicht anders zu erwarten von jemand, der an die 300 Kochbücher besitzt. Über die Vielseitigkeit der Ente hat er selbst eines verfasst, mit 50 fantasievollen Rezepten. Mein letzter Gang ist das: Bürgermeisterstück vom Nebraska Rind. Ebenfalls ein saftig-gehaltvoller Teller, trotz seiner Winzigkeit. Mit reichlich gehobelter Belper Knolle, die ich besonders wegen ihrer Geschichte liebe, Mais dreifach variiert, Pak Choi, einem rassigen Raviolo gefüllt mit Chili con Carne. In der Seele Glücksgefühle, im Bauch fast sprengende Sättigung.
Kammermeier ist leidenschaftlicher Koch, der sich nicht beweihräuchert. Nachhaltig verwendet er die Tiere vom nose to tail - und bei Gemüse kommt die mütterliche Gärtnerin durch. Selbstverständlich vegetarische Menüs. Ungeachtet des ehrwürdigen Hauses, der retrospektiv- beliebten Enten, die auf ungezählten Jubiläumsfeiern (80% der Gäste sind Wiesbadener) ihre knusprigen Flügel schwingen, ist Kammermeiers Küche eine junge, pfiffige. Mehr Events braucht’s nie.
Es passt alles zusammen. Auch das getestete Wasser: Das aus dem Taunusstollen gewinnt. Marcella Pickelein lobt, es habe eine ganz besondere Frische. Wie Michael Kammermeiers Ente.
Historie (Restaurants der letzten Monate)
-
November
2024
Sandbank Lounge, Rostock -
Oktober
2024
AURA by Alexander Herrmann & Tobias Bätz, Posthotel Alexander Herrmann, Wirsberg -
Juli
2024
Harzfenster, Görtler, Seesen -
Mai
2024
Gourmetrestaurant "1751", Weinhaus Uhle, Schwerin -
Oktober
2023
Gourmetrestaurant "1751", Weinhaus Uhle, Schwerin -
September
2023
JUWEL, BEI SCHUMANN, Schirgiswalde-Kirschau -
Juli
2023
Werneckhof, München -
Juni
2023
Harzfenster, Görtler, Seesen -
September
2022
Due Fratelli, Bremen -
April
2022
JUWEL, BEI SCHUMANN, Schirgiswalde-Kirschau -
November
2021
Einsunternull, Berlin -
Oktober
2021
Gourmetrestaurant Dichter, Parkhotel Egerner Höfe, Rottach-Egern -
September
2021
136, Berlin -
Juli
2021
NIGRUM, Baden-Baden -
März
2021
Field, Katerberg, Lüchow -
Oktober
2020
HYGGE, Landhaus Flottbek, Hamburg -
September
2020
Cheval Blanc by Peter Knogl, Grand Hotel Les Trois Rois, Basel -
März
2020
Louis, La Maison, Saarlouis -
Dezember
2019
Seestern, Lago, Ulm -
Oktober
2019
SE7EN OCEANS, Hamburg -
August
2019
Laurus, Hartmannsdorf -
Juni
2019
Caroussel Nouvelle, Bülow Palais, Dresden -
April
2019
Oswalds Gourmetstube, Relais & Chateau Hotel Oswald, Teisnach -
März
2019
Waidwerk, Romantik Hotel Gasthaus Rottner, Nürnberg -
Januar
2019
Schwingshackl Esskultur, Naturhotel Rebling, Bernried -
Dezember
2018
Yunico, Kameha Grand, Bonn -
November
2018
Rittmeyers Restaurant No4, Buxtehude -
Oktober
2018
Schwarzreiter, Vier Jahreszeiten, München -
September
2018
[maki:‘dan] im Ritter, Ritter Durbach, Durbach -
Juli
2018
ESSENCE Restaurant & Lounge, München -
Juni
2018
Entenstuben, Nürnberg -
März
2018
Lafleur, Frankfurt (Main) -
Dezember
2017
schanz, schanz, Piesport -
November
2017
Leos by Stephan Brandl, Bayerwaldhof, Bad Kötzting -
Oktober
2017
Tiger-Gourmetrestaurant im Tigerpalast, Frankfurt (Main) -
Juli
2017
Lafleur, Frankfurt (Main) -
April
2017
Ente, Nassauer Hof, Wiesbaden -
März
2017
garbo, Löwen, Eggenstein-Leopoldshafen -
Februar
2017
Camers Schlossrestaurant, Schloss Hohenkammer, Hohenkammer -
November
2016
EssZimmer, München -
Oktober
2016
Alois, München -
September
2016
Saphir, An der Wasserburg, Wolfsburg -
August
2016
ZweiSinn, Nürnberg -
Juli
2016
Maerz, Rose, Bietigheim-Bissingen -
April
2016
Zum Auerhahn, Pulheim -
März
2016
Landhaus Kuckkuck, Köln -
Januar
2016
Clementine im Glashaus, Palais Coburg, Wien -
Dezember
2015
Gourmetrestaurant Dichter, Parkhotel Egerner Höfe, Rottach-Egern -
November
2015
Meisenheimer Hof, Romantikhotel Meisenheimer Hof, Meisenheim -
Oktober
2015
Schwögler, Bad Abbach -
Juli
2015
Camers Schlossrestaurant, Schloss Hohenkammer, Hohenkammer -
Juni
2015
Eisvogel, Der Birkenhof, Neunburg vorm Wald -
März
2015
Gudd Gess, Schlössl, Oberotterbach -
Februar
2015
Zirbelstube, Am Schlossgarten, Stuttgart -
Januar
2015
Huberwirt, Pleiskirchen -
Dezember
2014
Kalckreuth, Romantik Hotel Dorotheenhof, Weimar -
August
2014
Courtier, Weissenhaus Private Nature Luxury Resort, Weissenhaus -
März
2014
Turmschänke, Kaiserhof, Eisenach -
Januar
2014
Michael Harr, Sasbach -
Juli
2013
Seaside Thai Cuisine, Steigenberger Grandhotel & Spa, Heringsdorf (Usedom) -
November
2012
Büttner's, Greifswald -
März
2011
Historisches Eck, Regensburg -
Januar
2011
Segreto, Wittenbach