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Dokumentarfilm

"SHE CHEF" kommt ins Kino

Film begleitet Kochweltmeisterin Agnes Karrasch auf ihren Lehr- und Wanderjahren

Foto: Camino Filmverleih
Foto: Camino Filmverleih

Der Dokumentarfilm SHECHEF kommt am 18. Mai in die Kinos.  Es ist ein Porträt über die Kochweltmeisterin Agnes Karrasch. Nach der Ausbildung in Österreichs Top-Restaurant, dem „Steirereck“, begibt sich die 25-Jährige auf eine spannende Reise, um von den besten Köchen der Welt zu lernen und ihre eigene Küchensprache zu entwickeln. So unterschiedlich Persönlichkeiten und Stile der berühmten Köche aus dem Vendome in Bergisch Gladbach, dem Disfrutar in Barcelona und Koks auf den Faröer Inseln auch sein mögen: Die Stars der Szene sind alle Männer. Die Macher:innen des Film zeigen Agnes auf ihrem eigenen Weg zur Spitzenköchin in einer Zeit, in der Frauen sich nicht einfach nur mehr hintenanstellen. SHE CHEF stellt sich die Frage nach der Zukunft der Arbeitswelt, nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nach den Träumen der nachfolgenden Generation. Ganz nebenbei führt uns der Film an die sinnliche Schönheit dieses Handwerkes heran abseits des üblichen Starkults.

Fragen an Agnes Karrasch

Was bedeutet Essen für dich?

Jeder Mensch muss essen, um zu überleben. Das ist einfach. Aber was wir essen, ist entscheidend. Entscheidend darüber, wie wir uns fühlen, entscheidend über unsere Gesundheit. Ich glaube, dass wir unserem Essen grundsätzlich viel zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Ich brauche nicht vegane, vegetarische oder sonstige Ansätze, um es „richtig“ zu machen. Dennoch kann ich das natürlich, wenn ich das möchte. Am Ende dieser ganzen Diskussionen steht ja immer ein bewusster Umgang mit unserem Konsum.

Wolltest du schon immer Köchin werden?

Als Teenager habe ich angefangen, ein gesteigertes Interesse am Kochen zu haben, ohne mir dessen wirklich bewusst zu sein. Statt einer neuen Handtasche wollte ich eine Pastamaschine. Nie aber kam mir der Gedanke, Köchin zu werden. Ganz im Gegenteil. Ich wollte irgendwas mit Tourismus machen, um möglichst viel reisen zu können, wenn ich denn dann doch mal arbeiten und Geld verdienen muss.

Wie kamst du zu deinem Beruf?

Mein Weg hat mich dann auf die Tourismusschule nach Innsbruck geführt und schnell wurde mir klar, dass mich alle Unterrichtsgegenstände neben dem Kochunterricht eigentlich mehr langweilten. Meine Kochlehrer waren schnell überzeugt, dass ich Köchin werden musste. Endlich mal jemand, der Interesse an ihrem Fach hatte! Ich habe aber nach wie vor nicht den Plan gehabt, mein Leben der Küche zu widmen. Jeglicher Gedanke in die Richtung wurde mit einfachen Argumenten wie „harter Umgangston“, „schlechte Arbeitszeiten“, usw. im Kern erstickt. Aber da gab es noch meine Kochlehrer. Beide nach wie vor überzeugt von ihrem Plan wiesen mich liebevoll darauf hin, vielleicht mal meinen Horizont zu erweitern und mir Häuser wie das Steirereck anzuschauen. Obwohl mein Interesse langsam geweckt wurde, beschloss ich in England „Travel & Tourism Management“ zu studieren. Ich absolvierte mein Studium mit meiner Bachelorarbeit über die „Slow Food Organisation“ von Carlo Petrini. Durch die Bachelorarbeit beschäftigte ich mich zwangsweise endlich mal richtig mit dem Thema Kochen, guten Produkten und all den Möglichkeiten, die die Gastronomie zu bieten hat. Nebenbei verdiente ich mir über die Jahre als „Aushilfsköchin“ oder mit privaten Feiern, die ich verpflegte, immer wieder etwas dazu. Es hatte ein wenig gedauert, aber ohne es zu merken, war ich zur Köchin ohne Ausbildung geworden und Gott sei Dank hatte ich Freunde um mich, die mir irgendwann in den Hintern traten und mir auferlegten, endlich meine Ausbildung zu machen, nachdem es sich in jedem Gespräch mit mir ja eh nur ums Essen und Kochen drehte.

Welche Vorstellungen hattest du von einer Koch-Karriere?

Was mich zunächst einmal davon abgehalten hat, eine Koch-Karriere anzustreben, war mein Unwissen über die verschiedenen Möglichkeiten als Köchin. So war ich fest davon überzeugt, dass ich mich zwischen einer elitären, abgehobenen Sterneküche mit tollen Produkten oder einer einfachen Küche, mit letztlich wenig Abwechslung und Verdienstchancen entscheiden muss. Die Sterneküche machte auf mich einen viel zu versnobten Eindruck und ewig Burger braten sollte auch nicht mein Lebensziel sein.

Was verbindest du mit Sterneküche?

Sterneküche ist elitär. Aber sie ist vor allem auch eine enorme Chance. Eine Chance, nachhaltig zu arbeiten, seltene, alte Produkte zu schützen und vor allem eine Chance, unfassbar kreativ und ausgefallen arbeiten zu können. Der Besucher eines Burger-Restaurants würde sich wohl nicht so sehr freuen, wenn sich auf seinem Burger auf einmal fermentierte Innereien und Tomatensphären befinden.

Wo hast du deine ersten Schritte in einer Profiküche getan?

Ich bewarb mich im Restaurant Steirereck in Wien und war mir noch nie einer Sache so sicher, wie dem Wunsch, dort meine Ausbildung zu machen. Zwei Jahre später durfte ich mich endlich Köchin nennen und wurde zeitgleich Teil des Jugendnationalteams in Österreich. Im November 2018 traten wir mit vollem Erfolg auf der Weltmeisterschaft der Köche, dem „Culinary World Cup“ in Luxembourg an.

Was hast du auf deiner Reise in SHE CHEF erlebt?

Als frisch gekürte Weltmeisterin begab ich mich auf meine Wanderjahre. Mein Wunsch zu reisen und die Welt zu entdecken, starb natürlich nicht mit dem Kochen. Ganz im Gegenteil. Ich hatte meinen Weg gefunden, meine Leidenschaften in meinem Beruf zu verbinden. Reisen und Kochen. Somit folgten dann Praktika bei Joachim Wissler im Vendôme, bei Oriol Castro und Eduard Xatruch im Disfrutar in Barcelona und bei Poul Andreas Ziskas im Restaurant KOKS. Geplant war natürlich noch einiges mehr, aber auch mir machte Corona einen Strich durch die Rechnung… Ich flog schließlich zu meiner finalen Station, dem KOKS. Danach wollte ich für den ehemaligen Souschef des Vendômes, Dennis Melzer, in seinem neuen Restaurant in Berlin als Sous Chefin arbeiten. Mit meinem Praktikum im Restaurant KOKS wurde allerdings alles auf den Kopf gestellt. Ich hatte ein Team und einen Ort gefunden, der besonderer nicht hätte sein können. Fernab von Großstädten mitten in der Natur befindet sich das zwei Sterne-Restaurant. Mit der mir gebotenen Position, dort als Chef de Partie arbeiten zu können, sagte ich jegliche Pläne in Berlin ab und beschloss, auf der Insel zu bleiben. Diese Entscheidung wird wohl auch andauern.

Was treibt dich an?

Das Kochen per se, glaube ich, ist eine Leidenschaft, die manche von uns packt und einfach nicht mehr loslässt. Auch wenn es sehr dramatisch klingt, aber ein Leben ohne „meine Kocherei“ hat für mich wenig Reiz. Egal wo ich hinreise: ein Land und seine Bewohner werden ja immer auch stark durch ihre Küche definiert. All diese Küchen zu entdecken und zu verstehen, macht immens viel Spaß.

Wie stellst du dir dein eigenes Restaurant vor?

Wenn ich an mein eigenes Restaurant denke, freue ich mich schon heute in den Gastraum hinauszuschauen und hoffentlich ein Bild der Harmonie und des Genusses sehen zu dürfen. Ich glaube, dass wir mit dem Essen, das wir servieren, wahnsinnig viel beeinflussen können am Tisch des Gastes. Das fängt an mit dem Stuhl, auf dem wir sitzen, dem Besteck und dem Glas, das wir in der Hand halten und der Lichtstimmung, die uns umgibt. Gehen wir davon aus, dass all das perfekt abgestimmt ist und es nichts gibt, was uns ablenkt. Dann bleibt am Ende nur mehr das Menü. Und das kann über den gesamten Verlauf des Abends entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Gespräche am Tisch positiv und harmonisch ablaufen bei einem sehr guten Mahl ist meines Erachtens sehr hoch. So glaube ich also, dass wir mit unserem Essen auch Stimmungen beeinflussen können. Das beobachten zu können ist definitiv spannend.

Was ist dir mittlerweile bei der Arbeit am wichtigsten?

In etwas kürzeren Worten kann ich für mich sagen, dass ich meine Passion im Kochen gefunden habe und überzeugt davon bin, dass die Zukunft voller neuer Ideen und Projekte sein wird. Was aber mittlerweile stark im Mittelpunkt steht für mich, ist das Team, ein respektvoller Umgang und die Stimmung im Restaurant im Alltag. Wir verbringen so viele Stunden an unserem Arbeitsplatz, ziehen in meinem Fall sogar nur dafür auf eine Insel, da bin ich überzeugt, dass es unabdingbar ist, in unserem Job nicht nur irgendeine Arbeit zu sehen, die uns Geld einbringt. Vielmehr ist es ein Ort, an dem wir die Möglichkeit haben, uns auszuleben und das zu präsentieren, was wir sind und was uns als Team ausmacht.

Wie war es für dich vor der Kamera zu stehen?

Zuerst eigenartig. Wenn man vor der Kamera steht, fühlt man sich erstmal unwohl. Aber mit Melanie und Gereon hat sich über die Zeit ein so krasses Vertrauen aufgebaut, dass ich es irgendwann einfach vergessen habe, dass sie dabei sind. Die sind so unauffällig, stehen nie im Weg herum, lenken einen nie von der Arbeit ab: Irgendwann nimmt man die Kamera nur mehr aus dem Augenwinkel wahr. Immer wenn ich in ein neues Restaurant gekommen bin mit meiner kleinen Filmentourage war mir erstmal unwohl, weil ich Angst hatte, dass die KollegInnen das falsch verstehen, wenn die Neue gleich mal mit der Kamera auftaucht. Aber überall haben sie sofort verstanden, dass es den Beiden um etwas anderes geht als einfach anzugeben. Der Küchenalltag und die Arbeitsgeschwindigkeit in der Gourmetküche lassen es sowieso nicht zu, dass man lange über Störgeräusche nachdenkt. 

Was würdest du sagen, könnte es Frauen erleichtern sich in der Sterneküche durchzusetzen und eine Chancengleichheit zu schaffen?

Der Ausgangspunkt ist der Umgang miteinander in den Küchen. Schwierig wird es, wenn die Männer ein Männerbild in die Küche tragen, das man „toxisch“ nennt. Unter dem großen Druck, der herrscht, wird es dann oft unangenehm bis unangemessen. Genauso aber bei den Frauen: Viele haben das Bild von sich, dass sie bestimmte Sachen einfach nicht so gut können, so stark verinnerlicht, dass auch ich manchmal genervt davon bin. Man kann als Mann männlich sein oder als Frau weiblich und gemeinsam als Menschen arbeiten und sich helfen, dafür muss aber jeder eine gewisse Reflexion über das eigene Verhalten mitbringen. Und dann fängt der Fisch natürlich immer vom Kopf an zu stinken: Aber da kommen jetzt junge Küchenchefs und Chefinnen nach, die ein größeres Bewusstsein für Genderfragen mitbringen und dadurch ändert sich auch einiges in den Küchen.

Fragen an Produzent Thomas Herberth

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Agnes Karrasch?

Lange vor der Idee für den Film waren Agnes und ich befreundet, wir haben zusammen in einer WG gelebt. Ich habe Agnes als unglaublich energiegeladen, handwerklich geschickt und angstfrei erlebt und gleichzeitig gab es diese kompromisslose Leidenschaft fürs Kochen, die sich anfangs in surrealen WG-Dinnerparties äußerte. Die sprachen sich gourmettechnisch schnell rum in Wien, so dass wir schon überlegten, so eine Art Speakeasy-Restaurant in unserer WG zu eröffnen. Der Run war jedenfalls groß. Erst im Laufe dieser Zeit kam Agnes überhaupt die Idee, nochmal eine Ausbildung nach dem Studium zu machen, um das Kochen zum Beruf zu machen. Wir haben uns dann umgesehen und eigentlich kam dann für Agnes nur das „Steirereck“ in Frage, seit Jahrzehnten mit Heinz Reitbauer eine der Top-Adressen auf der Welt und gleichzeitig mit einer klaren nachhaltigen und regionalen Philosophie. Und als sie dann vom Bewerbungsgespräch wiederkam, erzählte sie mir, dass das Steirereck verzweifelt nach weiblichen Kochlehrlingen sucht, weil einfach keine die Lehre bis zum Ende durchhält. Da dachte ich das erste Mal: Das würde ich mir gerne genauer anschauen! Was ist da los? Und so kam es dann zur Idee für den Film.

Was hat dich von dem Projekt überzeugt?

Da brauchte ich nicht groß überzeugt zu werden: Ich kannte ja Agnes und weiß, was für eine sympathische, offene und neugierige Persönlichkeit sie mitbringt. Und wer hat Essen nicht gerne? Gemeinsam macht das richtig Spaß und man kann ein sehr spezifisches, lustvolles Generationenportrait erleben, das einige sehr relevante Fragen an unsere Gesellschaft formuliert, ohne anstrengend oder belehrend zu sein.

War es leicht, eine Finanzierung für das Projekt zu finden?

Wodurch ließen sich die Partner*innen begeistern? Das war leider nicht ganz so einfach. Immer wieder wurden wir mit dem Totschlagargument vertröstet: Diese Geschichte sei ja nicht wirklich kinotauglich. Absurderweise am lautesten vom deutschen Fernsehen, die sich nach langem Hin und Her mit exakt diesem Argument nicht an der Finanzierung beteiligt haben. Und das, nachdem bereits mehrere Kinoförderer in zwei Ländern, Deutschland und Österreich, ihre Beteiligung zugesichert hatten. Wer sich ein bisschen mit der Finanzierung von Filmen beschäftigt, weiß, dass eine Fernsehbeteiligung in der Regel über die Realisation eines Kinofilmes entscheidet, besonders bei den Dokumentarfilmen. Und es stimmt schon: SHE CHEF kommt ohne die ganz großen Bilder aus und es geht auch nicht unmittelbar um Leben oder Tod, Recht oder Unrecht, Krieg oder Frieden. Auf der anderen Seite herrscht in unserem Fördersystem auch ein gewaltiges Missverständnis darüber, was Kino sein sollte. Die Qualität eines Filmes wird allzu oft an seiner thematischen Relevanz bemessen, in Wirklichkeit ein Fernsehreflex, der dazu führt, dass die subjektiv pädagogisch oder politisch relevanten Filme gefördert werden und nicht diejenigen, die erstmal nur einen starken und stringenten Erzählwillen anbieten. Ins Kino gehe ich ja nicht, um mich, handwerklich behäbig, belehren zu lassen, sondern um eine gute Zeit zu verbringen, mich unterhalten zu lassen. Und unterhalten tut SHE CHEF, der Film ist gut gearbeitet und macht einfach Spaß.#

Welche Geschichte/großen Themen wollt ihr mit dem Film erzählen?

Am Anfang stand erst einmal eine persönliche Neugier: Wie ist das so im Maschinenraum dieser Superstars der Küche? Jeder, der sich ein wenig mit Kochen und Essen beschäftigt, kennt den einen oder anderen Koch. Köche, wie z.B. Jamie Oliver, haben es zu weltweiten Megastars mit eigenen Firmenimperien gebracht. Viele sind allgegenwärtig in den Medien. Aber was weiß man genau darüber, wie sie eigentlich als Arbeitgeber sind? Wie man als frischgebackene/r Köch*in das Handwerk erlernt? Wie man genau seine Fähigkeiten ausbaut, um selbst mal im Olymp der Köch*innen mitsprechen zu können? Aus dieser Perspektive gibt es eigentlich kaum ernstzunehmende Erzählungen. Und dann kannte ich ja Agnes. Ich wusste, dass sie das Zeug dazu hat, sich da durchzusetzen. Da war ich sehr neugierig darauf, diesen Werdegang zu verfolgen. Erst später kam das Bewusstsein für die Schwierigkeiten dazu, die so eine hierarchische, männerdominierte Arbeitsstruktur, die sich über die ganze Branche durchzieht, für eine junge Frau bedeuten.

Wo sollte ursprünglich gedreht werden und was wurde am Ende daraus?

Wir haben uns vor Corona zusammengesetzt und uns gefragt, was wären die geilsten Restaurants auf der ganzen Welt, in denen man arbeiten und lernen könnte? Da hat sich Agnes richtiggehend reinverstrickt in die Recherche. Und dann tauchte sie mit 5 Restaurants wieder auf. Der Plan war sie anderthalb Jahre, je drei Monate in alle Restaurants zu begleiten. Neben Vendôme und Disfrutar in Europa, waren auch das Kjolle in Lima und weitere Restaurants in Asien und den USA dabei. Und dann kam Corona. Das war natürlich erstmal eine Katastrophe, weil die Gastronomie mit am empfindlichsten getroffen wurde. Da waren über lange Zeit alle Restaurants weltweit einfach geschlossen. Und zwar ohne Perspektive. Das passierte mitten in die zweite Station in Barcelona hinein und spielt dann natürlich auch eine Rolle im Film. Was man nicht mitbekommt: Wie wir verzweifelt versucht haben, eine Lösung zu finden, sowohl erzählerisch als auch für Agnes selbst. Und dann stießen wir auf das Koks, das entlegenste Sternerestaurant der Welt. Auf der einzigen Insel, wo zu diesem Zeitpunkt kein Corona herrschte und das Restaurant, ungerührt vom Rest der Welt, einfach weitermachte. Wir konnten unser Glück nicht fassen und auch für Agnes war das natürlich der Jackpot, wie man im Film dann erfährt.

Wie war die Zusammenarbeit mit den Regisseuren Melanie Liebheit und Gereon Wetzel?

Wir hatten in genau der gleichen Konstellation schon einmal einen Film gemacht. Wir wussten ziemlich genau, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Gereon und Melanie sind in gewisser Weise große Kinodogmatiker, die ihre Handschrift aus dem direct cinema herleiten, einer Strömung der Moderne, die die neuen handlichen Filmkameras nutzten, um ein möglichst aufrichtiges, bescheidenes, spontanes und vor allem intimes Bild ihrer ganz und gar aus dem Alltag gegriffenen Persönlichkeiten zu entwerfen. (Ich hoffe, die Fernsehredakteure lesen aufmerksam). Dieser Zugang war perfekt für ein Portrait, wie es uns vorschwebte. Die Beiden arbeiten mit unglaublicher Geduld und Aufwand, sammeln erst einmal Material, ohne sich in den Verlauf der Szenen oder der Geschichte einzumischen. Und sie sind nur zu zweit, das kleinstmögliche Filmteam, was ihnen in den lauten und engen Küchen eine Freiheit ermöglicht, die man kaum für möglich hält. Erst im Schnitt formt sich dann eine endgültige Dramaturgie. Hier hatten wir mit Stephan Bechinger auch einen großartigen Editor im Team, der sehr eng mit den beiden Regisseur*innen zusammengearbeitet hat.

Wie hat Agnes Karrasch als Person den Film geprägt?

Das ist ja zunächst offensichtlich: Es geht um Agnes beruflichen Werdegang in der Spitzengastronomie. Wir begleiten sie über einen langen Zeitraum von fast 2 Jahren in ihrer Entwicklung und entdecken mit ihr die Vielfalt von Zugängen und Zutaten. Agnes ist eine sehr offene und kommunikative Persönlichkeit, ein absoluter Sympathieträger. Gleichzeitig hat sie keine ausgeprägte politische Agenda, sie konzentriert sich auf ihre persönliche Leidenschaft als Köchin und die Konflikte, denen sie begegnet, versucht sie auch erst einmal im persönlichen Rahmen zu lösen. Ich denke, das ist eine Herangehensweise, mit der sich viele junge Menschen auf ihrem Weg ins Berufsleben identifizieren können. Ich finde, Agnes ist ein absolutes Vorbild: Wie sie ihren Weg geht, mit wieviel Freude und Selbstbewusstsein, das ist schon etwas Besonderes und auch ein positives Zeichen an die Zukunft.

Warum ist es heute immer noch schwer, sich als Frau in der Sterneküche durchzusetzen?

Da deuten sich ja auch automatisch die systemischen Fragen an: Wieso sind bei der Rangliste „50 best Restaurants“ kaum Frauen mit an der Spitze? Wie kann das sein, gerade in einem Handwerk, das ja traditionell eher weibliche Zuschreibungen erhält? Sobald es dann um Erfolg und Konkurrenzdruck geht, setzen sich wieder nur Männer durch? Und wenn man sich den Ton in der Küche anhört: klar, da geht es mitunter druckvoll zu, da muss jeder Handgriff sitzen und da gibt es wenig Rücksicht auf Befindlichkeit und persönlichen Raum. Aber dass es heute noch dermaßen offen sexistisch und frauenverachtend zugehen kann, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Das gilt sicher nicht für alle Restaurants, aber systemisch ist da eben doch eine offensichtliche Problemlage zu erkennen. Es mangelt generell an Wertschätzung und guten Arbeitsbedingungen in dieser Branche, soweit ich das beurteilen kann.

Was lag euch bei der Umsetzung des Films am meisten am Herzen?

Wir wollten eine persönliche Entwicklungsgeschichte erzählen, über einen jungen Menschen mit ganz viel Potential, Wünschen und Träumen und gleichzeitig einen ungeschönten Einblick in die unglaubliche kreative Vielfalt der modernen Küche bieten. Wie funktioniert das genau, wenn alle wahlweise bewundernd oder abschätzig von „Molekularküche“ sprechen? Und was machen die anders als z.B. der beste Koch Deutschlands, der sich an der französischen Küche orientiert? In erster Linie wollten wir eine unterhaltsame und sinnliche Reise erzählen und dabei Einblicke in die Küchen gewähren, wie sie noch nicht gesehen wurden. Bei SHE CHEF kann man etwas über eine neue Generation junger Erwachsener lernen und natürlich etwas über das Kochen.

Was erhoffst du dir von dem Film?

In erster Linie wünsche ich mir, dass die Menschen inspiriert und gut gelaunt aus dem Kino kommen! Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ein junger Mensch den Film sieht, seine Eltern anruft und sagt: SHE CHEF, da müsst ihr auch reingehen! Die Agnes müsst ihr euch anschauen, dann habt ihr vielleicht eine bessere Idee, wie ich mich fühle, was mir am Herzen liegt. Und anschließend gehen wir gemeinsam essen und sprechen über die Zukunft!

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Vendôme

Grandhotel Schloss Bensberg
Kadettenstr. 2
51429 Bergisch Gladbach
Chef: Joachim Wissler, Dennis Melzer
Kapazität / Sitzplätze: 40
Mitarbeiter: 15
+49 (2204) 42 888

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Disfrutar

Villarroel 163
08036 Barcelona

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KOKS

Frammi við Gjónna Leynavatn - Faroe Islands
335 Leynavatn

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