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Restaurant des Monats Dezember 2019

arrow left Seestern, Lago, Ulm, Deutschland arrow right

Chef de Cuisine
Klaus Buderath

Das Gourmetrestaurant Seestern, das zum familiengeführten Vier Sterne Design Hotel Lago gehört, ist so etwas wie ein Geschenk an Chefkoch Klaus Buderath, der in in- und ausländischen Sterneküchen gearbeitet hat und an alle, die neben Alltagsstress und Messetrubel ausspannen wollen.

Vorfreude. Ja, das passt. Zum fine dining  im Restaurant Seestern. Romantisch am schönen Natursee gelegen, inmitten der Ulmer Friedrichsau. Die Menükarte führt wortwörtlich mit Vorfreude den delikaten Kanon an.  Bei uns verbirgt sich eine Hühner Consommé mit dumpling dahinter.

Ein köstlicher Auftakt an diesem Novemberabend. Der kulinarisch welterfahrene Begleiter schwärmt, weil sich das schwäbische  Dumpling keineswegs hinter den berühmten chinesischen verstecken muss. Ein schwäbischer Koch beherrscht Maultaschen und Co.

Das Gourmetrestaurant Seestern, das  zum familiengeführten Vier Sterne Design Hotel Lago gehört, ist so etwas wie ein Geschenk an den Sternekoch Klaus Buderath, *1974  in Böblingen, der in in- und ausländischen Sterneküchen gelernt hat, und an alle, die neben Alltagsstress und Messetrubel (fußläufig nah) ausspannen wollen. Stress, dieser Begriff findet im Konzept von Geschäftsführer Thomas Eifert und Marian Schneider und Klaus Buderath keinen Einlass. Fair Gourmet und/oder „faire gourmet“, beides gilt, Leidenschaft beflügelt, wie anno dazumal den berühmten Schneider von Ulm, der im 19. Jahrhundert fliegen wollte. Willst du fliegen, musst du aufsteigen. Und du musst dir die Rahmenbedingungen schaffen. Das hat die Eignerfamilie Eifert geleistet für die Herausforderungen einer ambitionierten Küche. Eine eigene Lebensmittelmanufaktur gegründet aus Brauerei, Brennerei, Bäckerei und Metzger…  Autark zu sein in unserer Zeit, in der Luxus auf dem Prüfstand steht, heißt Verantwortung für die basale Produktion zu übernehmen. Darin sind sich meine beiden Seestern-Protagonisten Klaus Buderath und Marian Schneider einig, Spitzenköche haben eine  besondere Verpflichtung. Unser Gespräch vorab köchelt in kurzer Zeit auf hoher Flamme. Thema: Als ambitionierter Koch den Klimawandel zu verringern, die Nachhaltigkeit zu verbessern, den Genuss mit dem, was ökologisch sinnvoll ist zu steigern. Sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, im Großen denken. Saisonal, na klar, regional darf ausgeweitet werden, die Sorge treibt beide an, sie haben Kinder. Einiges ist bereits abgestellt worden, keine Gänsestopfleber, Kristall Garnelen aus der  Zucht… Noch gibt’s Heilbutt, noch Jakobsmuschel. Ein sympathisches Gespräch, man wird sehen.

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Falls ich befürchtet habe, das wird ein karges Mahl… weit gefehlt. Ein großartiges Mahl beginnt. Locker knuspriges Brot beweist archaisches Handwerk, Blumenkohl kontrastiert als Tatar und  orientalisch mit Rosinen zur leicht gebratenen Jakobsmuschel, aus dem Salzteig schält sich eine Petersilienwurzel, urwürzig, angenehm puristisch, pochiertes Ei mit einer zarten Crumblekruste,  so minimalistisch wie dekorativ der Teller, der Bodenseeaal verträgt sich fantastisch mit den -ah, Schnecken!-, mit dem Schneckenpüree, dazu die kräftig grüne Pimpernellsauce, endlich wird Madame Pimpernell als Star geehrt,  wo sie sonst nur der Frankfurter grünen Sauce beiwohnt… Ein begnadeter Saucier, lobt mein Tischnachbar und gießt die cremige Sauce über seinen perfekt gegarten Heilbutt, belegt mit Trüffelscheibchen.

Der Goldmuskateller von St. Pauls, dezente Säure, ein Hauch Muskatduft, passt zu meinem geschmorten Bries unter dem gewellten Rettichdach, deliziös, fast zu üppig, feinste Miniaturäpfelchen, sattapfelig wie die ausgewachsenen Verwandten, gegrillte Hüttenkäseperlen. Mein Nachbar wählt das Reh in drei Variationen, herbstlich garniert mit Kürbis und Pistazien, die perfekt abgerundete Sauce, reichlich zum Nachgießen.

Es ist ein Wohlfühlort, das Bootshaus mit der großen Fensterfront, die im Sommer geöffnet ist. Im Winter knistert das Holz im Kamin, unser gastroaffiner Hund darf  auf einem Polster schlafen. An manchen Tagen entfalten die angenehmen Seiten des Daseins einen besonderen Zauber.

Heimlich richtet die Küche einen kleinen Dessertteller für mich, obwohl ich das Dessert abgesagt habe. Meine überraschte Miene wird zur Freude: Fichtenvariationen, Heidelbeeren, feenhafte Pilzchen türmen sich auf einer kleinen tektonischen Leinsamenplatte. Waldspaziergang nennt es Tim Piskacek, der aufmerksame Restaurantleiter. Ich, die nie Desserts isst, auch keine, die sich als herb-gemüsiges Diätzitat generieren, damit sich der Kalorienspiegel betrügen lässt, bin begeistert. Mein Mitesser freut sich am Napfkuchen auf einer bizarren Holzwurzel oder Ast, umringt von sieben Zwergen: Dipschälchen mit Cremes und Marmeladen. Ein origineller Ausklang, urig, passt zum Espresso und wirft auf die guten einfachen Dinge zurück.

Die natürlichen Grundprodukte mittels Handwerkskunst, Kreativität und Leidenschaft zu verzaubern ist vielleicht der größte Luxus unserer Zeit. Klaus Buderath vom Restaurant Seestern schafft das. Mutig innovativ, nie abgehoben und einem unnachahmlichen Lächeln, wissend und nachsichtig. Irgendwie nach dem Motto des Schneiders von Ulm. Nicht aufgeben.

 

Autor: Margret Buchner

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